Erblicher Darmkrebs

Darmkrebs ist eine der häufigsten Krebserkrankungen weltweit. Allein in Deutschland erkranken jährlich rund 33.000 Männer und 28.000 Frauen. Das Risiko steigt mit dem Alter zwar deutlich an, aber auch jüngere Menschen können betroffen sein.

Etwa 20-30 % der Darmkrebsfälle treten „familiär gehäuft“ auf. Bis zu 5 % aller Darmkrebserkrankungen sind genetisch bedingt und lassen sich auf eine bekannte Veränderung in einzelnen Genen (Mutation) zurückführen, die eine wichtige Funktion bei der Steuerung des Zellzyklus und der Reparatur von DNA-Schäden haben. Diese Veränderungen werden zu 50 % von den Eltern an ihre Kinder weitervererbt.1 TrägerInnen von Mutationen können bereits in jungen Jahren von Darmkrebs oder anderen Tumorerkrankungen betroffen sein.

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Formen des erblichen Darmkrebs

Es gibt verschiedene Formen des erblichen Darmkrebses wie das Lynch-Syndrom und das familiäre adenomatöse Polyposis-Syndrom (FAP). Seltenere erbliche Formen von Darmkrebs sind das Peutz-Jeghers-Syndrom und das hereditäre diffuse Magen- und Darmkrebs-Syndrom (HDGC). Die häufigste Form des erblichen Darmkrebses ist das Lynch-Syndrom bzw. HNPCC, das etwa 3 % aller Darmkrebserkrankungen ausmacht:2

  • durch Varianten in den DNA-Reparaturgenen  MLH1, MSH2, MSH6 und PMS2 verursacht
  • erhöhtes Risiko, verschiedene Krebsarten zu entwickeln, z.B.: Darmkrebs, Gebärmutter-, Eierstock- und Magenkrebs
  • Vorsorgeuntersuchungen umfassen u.a. regelmäßige Koloskopien, um die Erkrankung frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.
  • durch Veränderung im APC-Gen verursacht, dass das Zellwachstum reguliert.
  • führt in der Folge zur Entstehung von Hunderten Adenomen (Polypen) im Dickdarm und im unteren Dünndarm
  • diese können sich zu bösartigen Tumoren entwickeln, wenn sie nicht entfernt werden.
  • Standardbehandlung bei FAP umfasst prophylaktische Entfernung des Dickdarms, um Risiko der Entwicklung von Darmkrebs zu verringern.

Diagnostik bei erblichem Darmkrebs

Risikoträgerschaft kennen – Vorsorge anpassen

Bei Verdacht auf eine erbliche Disposition für die Darmkrebserkrankung sollte eine Aufklärung nach GenDG oder genetische Beratung erfolgen und eine genetische Diagnostik der assoziierten Gene in Betracht gezogen werden. Dazu werden im Labor auf die Fragestellung bezogene Gen-Panels mittels Next Generation Sequencing (NGS) analysiert.

Liegt eine genetische Veränderung vor, kann die Diagnostik auch bei anderen gesunden Familienmitgliedern erfolgen, um festzustellen, ob sie ebenfalls Träger der Veränderung sind. Durch diese prädiktive (vorhersagende) Testung können AnlageträgerInnen – gesunde Personen, die die Mutation tragen – früh erkannt und ihnen spezielle, engmaschige Vorsorgeuntersuchungen angeboten werden. So kann ein möglicher Tumor frühzeitig erkannt und behandelt werden. Angehörige, bei denen eine genetische Veränderung ausgeschlossen wurde, haben im Vergleich zur Normalbevölkerung kein erhöhtes Risiko an Darmkrebs zu erkranken.

Kriterien zur Veranlassung der Diagnostik (Indikationskriterien)

Für die Indikationsstellung eines Lynch-Syndroms hat man auf Basis der Beobachtung vieler Familien in denen viele Angehörige von Darmkrebs betroffen sind Kriterien entwickelt. Dies sind die sogenannten Amsterdam-Kriterien.3 Maximal 60 % der PatientInnen mit einer Variante in einem der DNA-Reparaturgene erfüllen diese Kriterien. Zur Erfassung der übrigen PatientInnen gelten die Bethesda-Kriterien4 als Indikation zur molekulargenetischen Analyse des Tumorgewebes.

Zur klinischen Diagnose des HNPCC wurden 1990 die Amsterdam-Kriterien eingeführt. Die klassischen Amsterdam-I-Kriterien umfassen nur kolorektale Karzinome, während die Amsterdam-II-Kriterien auch extrakolonische Karzinome einschließen.

Alle Kriterien müssen zutreffen:

1) Mindestens drei Familienangehörige mit histologisch gesichertem kolorektalem Karzinom oder einem Karzinom des Endometriums, Dünndarms, Ureters oder Nierenbeckens, davon einer mit den beiden anderen erstgradig verwandt; FAP muss ausgeschlossen sein.

2) Wenigstens zwei aufeinander folgende Generationen betroffen.

3) Bei mindestens einem Patienten Diagnosestellung vor dem Alter von 50 Jahren.

Da nicht alle Patienten beziehungsweise Familien mit nachgewiesener Keimbahnmutation die sehr strengen Amsterdam-Kriterien erfüllen, wurde ein erweiterter Kriterienkatalog definiert (Bethesda-Kriterien). Tumoren von Patienten sollten auf das Vorliegen einer Mikrosatelliten-Instabilität in folgenden Fällen untersucht werden.
Ein Kriterium muss zutreffen:

1) Patienten mit kolorektalem Karzinom vor dem 50. Lebensjahr.

2) Patienten mit synchronen oder metachronen kolorektalen Karzinomen oder anderen HNPCC-assoziierten Tumoren*, unabhängig vom Alter.

3) Patienten mit kolorektalem Karzinom mit MSI-H Histologie** vor dem 60. Lebensjahr.

4) Patient mit kolorektalem Karzinom (unabhängig vom Alter), der einen Verwandten 1. Grades mit einem kolorektalen Karzinom oder einem HNPCC-assoziierten Tumor vor dem 50. Lebensjahr hat.

5) Patient mit kolorektalem Karzinom (unabhängig vom Alter), der mindestens zwei Verwandte 1. oder 2. Grades hat, bei denen ein kolorektales Karzinom oder ein HNPCC-assoziierter Tumor (unabhängig vom Alter) diagnostiziert wurde.

*zu den HNPCC-assoziierten Tumoren gehören Tumoren in: Kolorektum, Endometrium, Magen, Ovarien, Pankreas, Ureter oder Nierenbecken, Gallengang, Dünndarm und Gehirn (meist Glioblastome wie bei Turcot-Syndrom) sowie Talgdrüsenadenome und Keratoakanthome (bei Muir-Torre-Syndrom)

**Vorliegen von Tumor-infiltrierenden Lymphozyten, Crohn-ähnlicher lymphozytärer Reaktion, muzinöser/ Siegelring-Differenzierung, oder medullärem Wachstumsmuster

Genetische Diagnostik bei Verdacht auf erbliche Tumordispositions-Syndrom,
Beispiel des HNPCC-/Lynch-Syndroms

Anforderung genetische Diagnostik

1 | Hinweise

Genetische Diagnostik bei V.a. erblichen Darmkrebs

  • kann durch jeden Arzt angefordert werden
    Ausnahme: prädiktive Untersuchung soll im Rahmen einer genetischen Beratung durch einen dafür qualifizierten
    Arzt erfolgen
  • belastet nicht das Budget des veranlassenden Arztes
  • wird von den Kostenträgern erstattet

2 | Checkliste Probenversand

Anforderungsschein Genetische Diagnostik:
beinhaltet Labor-Überweisungsschein Muster 10 und Einwilligungserklärung (GenDG)

Probenmaterial:
EDTA-Blut

Probenversand:
mit regulärem Fahrdienst des diagnosticum oder per Post an MVZ diagnosticum Frankfurt, Zentrum für Humangenetik, Altenhöferallee 3, 60438 Frankfurt am Main. Entsprechendes Versandmaterial wird zur Verfügung gestellt, anzufordern unter 069-53084370 oder info@genetik.diagnosticum.eu.

3 | Wie geht es nach der Anforderung weiter?

Befundlaufzeit ca. 6-8 Wochen

Befund mit klaren Handlungsempfehlungen

Genetische Beratung
auch online über KV-zertifiziertes Portal

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Weitere Informationen zur humangenetischen Diagnostik des Lynch-Syndroms, des Familiären adenomatösen Polyposis-Syndrom oder weiteren genetischen Fragestellungen finden Sie auch in unserem elektronischen Leistungsverzeichnis:

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Literatur

1 Krebsinformationsdienst (KID) des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ): Darmkrebs: Risikofaktoren und Vorbeugung, http://www.krebsinformationsdienst.de/tumorarten/darmkrebs/risikofaktoren.php
(Stand: 21.02.2018)

2 Scheinder C et al: Hereditäres nichtpolypöses kolorektales Karzinom und Lynchsyndrom. Coloproctology
2015. 37:291-303. DOI: 10.1007/s00053-015-0031.x.

3 Vasen, et.al. New clinical criteria for hereditary nonpolyposis colorectal cancer (HNPCC, Lynch syndrome)
proposed by the International Collaborative group on HNPCC. Gastroenterology 1999 Jun;
116(6):1453-6. DOI: 10.1016/s0016-5085(99)70510-x.

4 Umar, et.al. Revised Bethesda Guidelines for hereditary nonpolyposis colorectal cancer (Lynch syndrome) and microsatellite instability.
J Natl Cancer Inst. 2004 Feb 18;96(4):261-8. DOI: 10.1093/jnci/djh034.

5 Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF): Kolorektales Karzinom,
Langversion 2.1, Januar 2019. AWMF Registernummer: 021/007OL, http://leitlinienprogrammonkologie.de